top of page
Suche
  • AutorenbildAntje Nagula

Eine Nada Yoga Geschichte bei Kerzenschein


Früh bin ich im Paradies Bali heute morgen erwacht. Lag in meinem Bett und ließ ganz langsam die Ebene der Gedanken sich öffnen. Schaute sinnend eine Weile aus dem Fenster und wurde mit einem herrlichen Sonnenaufgang belohnt – oh Licht, wie schön ist diese Welt und wie dankbar bin ich, hier sein zu dürfen! Wie dankbar bin ich, dass Du jeden Morgen neu das Licht in mir entzündest!

Doch da auf einmal fegte ein Windstoß draußen durch die Palmen, die Scheiben schepperten, das Dach knarzte. Die Luft war glasklar, noch morgendlich kühl, da legte erneut eine heftige Windbö die gefächerten Palmwedel quer und die schlanken Stämme der Kokospalmen schwankten gebeutelt hin und her.

Von da ab windete es den ganzen Tag, ja stürmte zeitweise sogar. In Australien ist es jetzt Winter und vom Süden her fegen die Winterstürme heran, drücken das Meer hier an der Nordküste weg vom Land. Der Wind macht Geräusche und alles was sich seiner Macht ergibt, ächzt und stöhnt und rauscht im Einklang mit ihm. Tiefes Jaulen, helles Pfeifen – seine Musik ist einzigartig! Ich sehe, wie welke Blätter einen wirbelnden Tanz mit ihm drehen. Alles Alte und Verbrauchte holt der Wind heraus aus seinem Versteck, löst er los und treibt es fort, seiner ungewissen Bestimmung entgegen. Ganze Palmwedel krachen zu Boden, wenn nicht mehr genug Leben in ihnen ist um den Tanz mit dem Wind zu bestehen.

Und ich? Bin heute arbeitswütig wie selten! Nehme mir den schon längst überfälligen Stapel an Altlasten vor, sortiere aus, ordne zu, liste auf, werfe weg … leicht geht mir diese sonst so ungeliebte Arbeit von der Hand, obwohl draußen die Sonne herrlich warm strahlt in der klasklaren, verwirbelten Luft. Es ist der Wind, der rastlos weht und mich mit seiner Energie antreibt wie ein Mühlrad. Alles Alte soll nun abgeschlossen und weggelegt werden, will er mir damit sagen. Platz muss geschaffen werden für Neues, das da kommen will. Und so unermüdlich wie der Wind arbeite ich mich vor, Stapel für Stapel verschwindet, kleine neue Haufen formieren sich, der Papierkorb quillt über! Ich bin begeistert und stürme durch das Papier wie der Wind durch die Blätter.

Beim Abendessen tobt der Wind noch immer. Bedrohlich klingt das Knarzen von Ästen, so als wollten auch sie sich auf die Reise mit dem Wind begeben, sich losreißen von ihrem angestammten Platz. Da! Mitten im Abendessen geht plötzlich das Licht aus! Kein Strom mehr im gesamten Resort! Bestimmt ist irgendwo ein Mast im Wind gebrochen und hat die Leitung gekappt. Kerzen? Keine Chance draußen bei dem Wind! Zum Glück hat ja heute jeder ein Handy mit eingebauter Taschenlampen App …

Über mir spannt sich ein magischer Sternenhimmel, klar und voll von Milliarden von Lichtern. Selten sieht man ihn so wunderbar wie jetzt, wo keine irdische Lichtquelle in Konkurrenz mit ihm treten kann. In vollkommener Finsternis finde ich mein Haus und weiß zum Glück genau, wo ein paar Kerzen und die Taschenlampe sich befinden. Bald schimmert das Wohnzimmer in sanft goldenem Kerzenlicht. Schön!!! Fernsehen? Computer? Lesen? Skypen? Ha, geht alles nicht ohne Strom, ohne Internet und ohne Licht!

Aber Freund Harmonium steht da, freundlich lächelnd und jederzeit bereit, mit dem Wind ein Lied zu singen. Und meine Stimme ist da, eingebaut und scheinbar unverwüstlich, immer bereit gehört zu werden. Wir beide brauchen keinen Strom um zu funktionieren! Wie Magie erscheint mir das verlässliche Schnarren meines atmenden Harmoniums im Duett mit dem Heulen des Windes. Und ich beginne leise dazu zu singen, die alten Worte des Gayatri Mantras. Auf schwingt sich meine Stimme mit den wirbelnden Winden da draußen, Seele und Geist erheben sich um im Tanz mit dem Wind zu verschmelzen und Eins zu werden mit dem ewigen Klang der Schöpfung! Fast scheint es, als würde der Wind sich kurz legen, verwundert über das, was schwingend sich zu ihm erhebt; würde lauschen jenem Ton einer Kehle, die den Klang ihres Herzens offenbart in vollkommener Hingabe an die Allmacht des Einen. Geheime Wünsche formieren sich und fließen mit dem Ton, fast vergessene Sehnsüchte flammen auf, entfacht vom Wind des Atems. In vollkommener Harmonie tanzen sie da, der Windsturm gemeinsam mit dem ganzen Reichtum einer Seele. Und der Wind trägt mit sich fort, die Wünsche, die Sehnsüchte, die ganze Liebe eines unschuldigen Herzens, das sich in einer stillen Stunde ihm allein geoffenbart im reinen Ton.

Stille. Draußen hebt der Wind wieder an zu heulen. Drinnen schweben die Töne noch unhörbar im Raum. Alles schwingt. Om Shanti, Shanti, Shanti – Frieden breitet sich aus wie sanft kräuselnde Wellen des Meeres. Dankbarkeit. Alles ist Licht – alles ist Ton. Ich bin EINS mit ALLEM und ALLES ist EINS mit mir!

Prajnanam brahma. Aham Brahmasmi. Tat tvam asi. Ayam atma Brahma.

(Die Mahavakyas: „Bewusstsein ist Brahman. Ich bin Brahman. Das bist Du. Dieses Selbst ist Brahman.)


85 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
Beitrag: Blog2_Post
bottom of page